1940er Jahre

Die 1940er Jahre

Churchills Hoffnung in den Feind


Deutschlands und vor allem Berlins Geschichte war in den 1940er Jahren mit schrecklichen, aber auch hoffnungsvollen Kapiteln übersäht. GSU History verdeutlicht historische Zusammenhänge mit der späteren German Security Unit

Das Kriegsjahr 1944: Während Berlin in Trümmern liegt, wird in Kanada der Aufbau alliierter Dienstgruppen geplant

Krieg, Hoffnung und mutige Ziele

Bei der Darstellung der German Security Unit schleichen sich immer wieder durch Aussagen und Publikationen vor allem zwei wesentliche Fehler ein. Zum einen wird von vielen Ehemaligen die Zeitphase des selbst Erlebten als die Geschichte der Einheit dargestellt, zum anderen gehen viele davon aus, dass die Historie der Truppe erst mit deren Aufstellung im Dezember 1950 begonnen hat. Weit gefehlt, insbesondere deshalb, weil es elementar ist, die Vorgeschichte zu kennen, um militärische, politische aber auch gesellschaftliche Ambitionen zu begreifen, die einen wesentlichen Anteil des Annäherns sowie des friedvollen Miteinanders zwischen der deutschen Bevölkerung und den zu Schutzmächten gewandelten Besatzern ausmachten.
Und ja: Auch die spätere German Security Unit hat großen Anteil daran, dass - eigentlich als schleichender und selten wahrzunehmender Prozess - aus Feinden Freunde wurden. Die historischen Wurzeln der German Security Unit führen – noch sehr viele Jahre bevor sie ein sehr geachteter Teil der britischen Militärpolizei wurde und ohne der Frage des offiziellen Charakters vorzugreifen – tatsächlich inmitten des Zweiten Weltkriegs, nämlich exakt in das Jahr 1943.

Zwar war der Ausgang des Krieges noch nicht entschieden, dennoch beschäftigten sich die Vereinigten Staaten und Großbritannien bereits intensiv mit der Frage, in welcher Form sie ehemalige Soldaten, also vornehmlich Kriegsgefangene und Arbeitsuchende, nach einer erfolgten Okkupation einbinden können, um eigene Kräfte für originäre Aufgaben freizuhalten. Typische Tugenden, die den Deutschen stets vorauseilten, erwiesen sich als Glücksfall, denn Gehorsam, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und vor allem die Akribie im Detail, waren Parameter, auf die die Alliierten setzten. Dies war, wenn an sich auch nur ein kleiner Punkt eines großen Befehls, ein wesentliches Vorhaben, das schließlich in alliierte Invasionspläne mit einfloss, mit deren Umsetzung ein britischer Generalleutnant betraut wurde.

Am 13. April 1943 wurde Sir Frederick E. Morgan zum Chef der neu gebildeten britisch-amerikanischen Militärbehörde Chief of Staff to the Supreme Alliied Commander (COSSAC) ernannt – also zum Stabschef des obersten alliierten Befehlshabers für Westeuropa. Morgan, der nur ein Jahr später Stellvertreter Dwight D. Eisenhowers als Chef der alliierten Streitkräfte in Nordwest- und Mitteleuropa wurde, erhielt die Aufgabe, Pläne auszuarbeiten, die sich mit der Situation eines vorzeitigen Endes des Zweiten Weltkriegs aufgrund des deutschen Zusammenbruchs beschäftigten.

Morgans Hauptmission war, eine unter dem Decknamen Operation Overlord geführte alliierte Invasion in der Normandie zu planen und vorzubereiten. Gemeinsam mit seinem Stellvertreter, dem amerikanischen Generalmajor Ray W. Barker, legte er der politischen Führung mehrere Optionen vor. Das COSSAC-Team arbeitete eine militärische Täuschungsaktion aus, die 1943 Landungsvorbereitungen an verschiedenen europäischen Küsten vorsahen und unter dem Decknamen Operation Cockade geführt wurde. Zudem lagen Pläne für eine frühere Landung auf dem Kontinent im Falle des plötzlichen deutschen Zusammenbruchs vor – geführt unter dem Decknamen Operation Rankin.

Morgan und der COSSAC-Stab suchten für eine alliierte Landung in Frankreich nach geeigneten Strategien und Landungsstellen. Letztlich fiel die Entscheidung auf die Normandie. Eine zweite Variante, die Landung über den Pas de Calais, wurde nicht weiter verfolgt. Der Plan sah zunächst drei Landungsabschnitte, abgedeckt durch jeweils eine Division vor, was später allerdings durch den Gesamtbefehlshaber Eisenhower und dem Oberbefehlshaber der Bodentruppen, dem britischen Feldmarschall Bernard Montgommery, als zu gering erachtet und um zwei Landungsabschnitte mit jeweils einer Division ergänzt wurde. Ebenfalls integriert wurden britische Pläne für eine Untersee-Pipeline (Operation PLUTO) und ergänzende Vorhaben einer intensiveren Nachschubversorgung.

Der britische Generalleutnant  Sir Frederick E. Morgan war der Mann hinter Operation Overlord

Regelung der Nachkriegsordnung

Morgan selbst votierte allerdings zunächst, auch aufgrund der militärischen Erfahrung aus den Geschehnissen der letzten Kriegsmonate von 1918, für die Operation Rankin, weil er vom Kollabieren der deutschen Truppen ausging.

Deren Vorbereitung ordnete er am 22. Mai 1943 auch an, allerdings kamen die Ausarbeitungen nur sehr schleppend voran, weil stete Uneinigkeit zwischen der britischen und der amerikanischen Regierung herrschte. Insbesondere verfolgten die beiden Administrationen unterschiedliche Interessen bezugnehmend der Nachkriegsordnung im besetzten Deutschen Reich und das damit verbundene Eingreifen in zivile Verwaltungsangelegenheiten.
Schließlich wurden die Pläne der Operation Overlord wieder aufgegriffen und als vorläufiger Rahmenplan im August 1943 während der ersten Quadrant-Konferenz im kanadischen Québec vorgestellt.

Von einer bedingungslosen Kapitulation der Deutschen ausgehend, wurde für die britische Seite festgelegt, dass diese den gesamten nördlichen Raum, also die Niederlande, Dänemark, das Ruhrgebiet und Nordwestdeutschland besetzen sollte. Zugleich wurde vereinbart, Militärregierungen einzusetzen, was sich später auch im Alliierten Kontrollrat wiederspiegelte. Regelungen zur damaligen Reichshauptstadt Berlin wurden allerdings noch nicht getroffen.

Die Ergebnisse von Québec wurden den alliierten Regierungen sowie dem militärischen Oberkommando, dem Combined Chiefs of Staff, vorgelegt. Schließlich segneten US-Präsident Franklin D. Roosevelt und die beiden Premierminister Winston Churchill (Großbritannien) und William Lyon Mackenzie King (Kanada) noch im selben Monat ab.

Dennoch standen die Regierungen unter Druck, denn zum einen gab es noch zahlreiche ungeklärte Fragen, zum anderen stand die Invasion, der „D-Day“, planerisch bevor. Ende November 1943 ergingen schließlich die Direktiven zur Vorbereitung der Operation Overlord an die beteiligten alliierten Heeresgruppen, zudem wurde bereits im Herbst ein durch die Briten ausgearbeiteter umfangreicher Täuschungsplan in das COSSAC-Konzept mit eingebettet.

Letztlich wurden die offenen Fragen erst nach der im Juli 1944 erfolgten Landung in der Normandie in 72 Studien unter dem Decknamen Operation Talisman zusammengefasst. In den neuen Operations- und Befehlsplan Talisman des Obersten Alliierten Hauptquartiers für Nordwest- und Mitteleuropa (SHAEF) flossen somit sämtliche im Vorfeld umgesetzten oder in Planung berücksichtigten Militäraktionen mit ein – insbesondere die Operation Rankin.

Talisman regelte alle wesentlichen Belange, die seitens des Militärs nach einem erfolgten Kriegsende als vorrangig bewertet wurden. Darunter fiel nicht nur die Entwaffnung der deutschen Streitkräfte und die Kontrolle der Entwaffneten, sondern auch die Übernahme von Kriegsmaterial, die Versorgung von Kriegsgefangenen und, soweit erforderlich, deren Denazifizierung und vor allem die Umsetzung der durch die Besatzer aufgestellten Direktiven.

Die Premierminister Mackenzie King (li.) und Churchill mit Präsident Roosevelt (Mitte) während der zweiten Quadrant-Konferenz

Die "Stunde 0" der späteren GSU

Zwar kamen im Laufe der Zeit weitere Aufgaben hinzu, doch schon durch die von Beginn an gesteckten Hauptziele, gilt die Operation Talisman bis heute als eine wesentliche Grundlage zur Bildung der später eingerichteten Alliierten Dienstgruppen.

Streng genommen könnte man den 16. September 1944, einen Samstag, als die in „Stein gemeißelte Stunde 0“ der späteren German Security Unit begreifen, denn am selben Tag wurden sämtliche Parameter der Operation während der zweiten Québec-Konferenz, nur wenige Wochen nach der Invasion in der Normandie, durch Präsident Roosevelt und die Premierminister Churchill und Mackenzie King (siehe Bild) zur militärischen Umsetzung freigegeben.
Für die späteren Dienstgruppen historisch relevant war die zweite Konferenz auch deshalb, weil in Québec erstmals Zuschnitte für alliierte Besatzungszonen festgeschrieben wurden. Nachdem nachrichtendienstlich bekannt wurde, dass der bisherige Operationsname kompromittiert war, erfolgte im November 1944 die Namensänderung in Operation Eclipse. Deren Plan wurde bereits am 10. November bekannt gegeben und sollte bis zur Okkupation zunächst nur stufenweise umgesetzt werden.

Grundsätzlich sollte nämlich Eclipse erst dann einsetzen, wenn sich der überwiegende Teil der deutschen Streitkräfte ergeben hätte oder für das Reich eine Gesamtkapitulation unterzeichnet worden wäre, doch in befreiten Gebieten wurden die Einsatzbefehle schon deutlich vor dem Ende der Kampfhandlungen durch die Alliierten umgesetzt. Die Operation enthielt übrigens ursprünglich auch Pläne zur Einnahme der Reichshauptstadt, was jedoch durch die von den Sowjets geführte sogenannte „Schlacht um Berlin“ hinfällig wurde.

Seitens der West-Alliierten waren zwei der drei großen Verbände für die Okkupation vorgesehen: Die Briten setzten ihre 21. Heeresgruppe, die Vereinigten Staaten die 12. Heeresgruppe ein. Eine dritte, die 6. Heeresgruppe der USA, sollte nach der deutschen Kapitulation aufgelöst werden. Die Verbände selbst entwickelten, im Einklang der SHAEF-Direktiven, zudem eigene Einsatzbefehle, die ebenfalls schon vor Kriegsende angewandt wurden.

Operation Eclipse sah vor, die deutschen Streitkräfte zwar zu entwaffnen, jedoch nicht sofort in Gänze aufzulösen. Vielmehr war geplant, ihnen Einrichtungen zuzuweisen und sich selbst zu verwalten. Vor allem der britische Premierminister sprach sich gegen eine schnelle Auflösung der Wehrmacht aus. Churchill fürchtete nach der Besetzung des Deutschen Reiches einen drohenden Konflikt mit dem bisherigen Alliierten UdSSR und wollte daher, anders als der amerikanische Präsident, auf bereitwillige deutsche Soldaten zurückgreifen. Mit großer Weitsicht blickte er nicht nur auf die bereits beschriebenen „deutschen Tugenden“, sondern vor allem auf das Einsparen eigener Ressourcen und somit auf das Freihalten seiner Soldaten für originäre Aufgaben.

Regimentskommandeur, Kriegsgefangener, Einheitsführer der GSO: Johannes H. Gohl

Bildung neuer Länder

Churchill setzte sich schließlich durch, worin auch begründet war, weshalb die Wehrmacht letztlich erst im August 1946, also deutlich mehr als ein Jahr nach der deutschen Kapitulation und dem Kriegsende, offiziell aufgelöst wurde.

Die Vereinigten Staaten zogen mit. Auch sie übertrugen deutschen Kriegsgefangenen, die als unbedenklich eingestuft wurden, wichtige Schlüsselpositionen.

Einen historischen Bezug zur späteren German Security Unit gab es hierbei im Fall eines Wehrmacht-Majors, der als Regimentskommandeur im Italienfeldzug gegen britische und amerikanische Einheiten kämpfte und schließlich im März 1945 in US-Gefangenschaft geriet: Johannes Gohl.

Der 1908 geborene Offizier wurde durch die Amerikaner im Juni 1945 zum Kommandeur des 9945th Hafenbataillons in Neapel ernannt. Jener Offizier, der ab November 1950 im Dienst des Watchmen´s Service der German Service Organisation, also des GSU-Vorläufers stand und nur zwei Jahre später Chef der Einheit wurde.

Winston Churchills Vorhaben sollten nun auch nach der Okkupation des Reiches, in den Besatzungszonen umgesetzt werden. Diese waren, wenn auch erstmal grob, während der zweiten Québec-Konferenz festgeschrieben worden.

Unser Unterstützer Hans-Joachim Gohl (*1940) gilt als einer der großen Förderer dieses Projekts. In mehreren Interviews gab der Sohn und einzige noch lebende Verwandte von Johannes Gohl, sehr private Einblicke in das bewegte Leben des zweiten Einheitsführers der German Security Unit. Ohne das Mitwirken des pensionierten Polizeibeamten wäre nicht nur die Vita, sondern auch das Vermächtnis des einstigen Wehrmachtoffiziers für immer verloren gegangen. Durch die Gespräche und das Überlassen wichtiger Exponate, konnte der spannende Lebensweg von Staff Superintendent Johannes Gohl festgehalten werden. 


Informationen zu Johannes Gohl finden Sie hier

Eher etwas konfus zusammengestellt, gehörten zunächst die einstigen preußischen Provinzen Schleswig-Holstein und Hannover (allerdings ohne das damalige Amt Neuhaus) sowie Westfalen, die nördlichen Bezirke Aachen, Düsseldorf und Köln, die Freie und Hansestadt Hamburg, die Freistaaten Lippe und Braunschweig sowie die Regionen Oldenburg und Schaumburg-Lippe sowie schließlich die Exklave Calvörde zur britischen Zone. Ein Sonderfall war das Gebiet des heutigen Landes Bremen, da es sowohl zur britischen als auch zur US-amerikanischen Zone gehörte. Ihr erstes Hauptquartier bezogen die Briten in Bad Oeynhausen; zusätzlich wurden Außenstellen in Münster, Düsseldorf, Kiel und Hannover gebildet.

Die Pläne Churchills griffen. Zudem nutzte er auch die besonderen politischen Gegebenheiten des Vereinigten Königreichs und bezog kanadische, belgische und dänisch-norwegische Kontingente mit ein. Selbst polnische Exilgruppen unterstützten bei der Besetzung der neuen britischen Zone. Die Verwaltungshoheit verblieb aber stets bei den Briten – selbst bei abgegrenzten Sondergebieten, die zunächst durch Truppen anderer Nationen allein besetzt und übergangsmäßig auch als polnische oder belgische Besatzungszone bezeichnet wurden.

1946, nach einer ersten militärischen und geografischen Findung, bildeten die Briten in ihrer Zone die neuen Länder Braunschweig, Hamburg, Hannover, Lippe, Oldenburg, Schaumburg-Lippe und Schleswig-Holstein. Im Juli bildeten sie zudem ein neues, wegen dessen potentieller Wirtschaftskraft besonders im Fokus stehendes Land: Nordrhein-Westfalen. Eine weitere Gebietsreform erfolgte bereits im November mit der Zusammenführung von Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Schaumburg-Lippe zum neuen Land Niedersachsen. Letztlich wurde im Januar 1947 Lippe, bisher ein eigenständiges Land, Nordrhein-Westfalen zugeordnet.

Die Bildung Nordrhein-Westfalens gehört bis heute zu den großen Leistungen der britischen Besatzer, die mit Weitsicht und Organisationstalent relevante Wirtschaftsbereiche zusammenzogen und die Voraussetzungen für den Aufbau eines potentiell starken Landes schufen – wenn auch nicht uneigennützig. Das Militär führte das neue Land aber auch sehr restriktiv und entfernte zivile Beamte und Politiker auch schnell aus ihren Ämtern, wenn sich diese als aus britischer Sicht nicht loyal oder kompetent erwiesen. Ein Paradebeispiel war Konrad Adenauer, der von den Nationalsozialisten aus dem Amt des Kölner Oberbürgermeisters verjagte Politiker der Zentrumspartei. Er wurde durch die Briten wieder eingesetzt, später aber durch sie des Amtes enthoben und zeitweise unter Hausarrest gestellt. Eine tiefe Wunde in Adenauers Seele, an die er sich nur wenige Jahre später als Bundeskanzler erinnern wird.

Übrigens gebührt es den Alliierten auch, den nicht ganz unbedeutenden Hinweis auf den für uns selbstverständlichen Föderalismus zu geben. Allzu oft verwenden die Deutschen, einschließlich der Politiker, immer wieder den Begriff „Bundesländer“. Im Zusammenhang mit der Bundesrepublik Deutschland ist dies aber einer falscher Termini, denn wie soeben dargestellt, bildeten sich in den Besatzungszonen bereits Länder, als es die erst 1949 gegründete Republik noch gar nicht gab. Deswegen existieren in Deutschland tatsächlich keine Bundesländer, sondern nur Länder als Gliedstaaten – so wie es das Grundgesetz auch klar aufweist.

Zerschlagung: Wie die Besatzer Berlin in Sektoren teilten

Ein Neuanfang mit Härte

Eine entscheidende Sonderrolle nahm für die Alliierten Berlin ein. Die bisherige Reichshauptstadt lag natürlich schon während des Krieges im Fokus militärischen Handelns, denn mit der deutschen Kriegserklärung gegen die Vereinigten Staaten und dem damit verbundenen Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg, stationierten diese ihre 8. Luftflotte in Großbritannien. Gemeinsam mit den Briten konnten sie somit eine rund um die Uhr anhaltende Angriffswelle auf Berlin gewährleisten.

Während die Amerikaner tagsüber flogen, zeichneten die Briten in den Nachtstunden für die unzähligen Fliegeralarme verantwortlich.
Die schwersten Luftangriffe erfolgten in den letzten drei Kriegsmonaten. Über 1200 Maschinen waren an 363 Einsätzen beteiligt. Knapp ein Fünftel der Berliner Gebäude, vornehmlich in der Innenstadt, wurden zerstört, darunter über 600.000 Wohnungen. Knapp 30 Quadratkilometer des Stadtgebietes lagen in Trümmern und etwa 200.000 Menschen kamen ums Leben, mehr als 1,5 Millionen wurden obdachlos. Berlin hatte insgesamt 1,5 Millionen Einwohner seit Kriegsbeginn verloren.

So hart und brutal das alliierte Vorgehen gegen die letzten Stellungen der Wehrmacht auch war, so sehr verfolgten die Briten und die USA aber auch ihr Ziel eines Neuanfangs mit bereitwilligen Deutschen.

Die während der zweiten Québec-Konferenz geplanten Besatzungszonen wurden auch bei den beiden Treffen der „großen Drei“ festgeschrieben. So legten US-Präsident Franklin D. Roosevelt, der britische Premierminister Winston Churchill und der sowjetische Machthaber Josef Stalin während der Jalta-Konferenz im Februar 1945 endgültig fest, das Deutsche Reich in vier Besatzungszonen aufzuteilen, die jeweils durch die Alliierten Mächte USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich zu verwalten sind.

Die großen Drei erkannten Frankreich somit auch formal als Hauptsiegermacht an, weshalb die Franzosen nunmehr auch eine eigene Zone erhielten. Der Begriff „Hauptsiegermacht“ ist insofern nicht unwichtig, da letztlich weitere 16 Staaten als Siegermächte galten.

Berlin wiederum wurde ebenfalls in vier Bereiche aufgeteilt, die jedoch nicht als „Zonen“, sondern als „Sektoren“ bezeichnet wurden. Zunächst waren für die bisherige Reichshauptstadt nur drei vorgesehen (für die Vereinigten Staaten, die Sowjetunion und Großbritannien), doch aufgrund des Ergebnisses der Jalta-Konferenz, übernahm Frankreich in der Stadt ebenfalls einen eigenen Verwaltungsbereich, weshalb Amerikaner und Briten ihre Zuschnitte zugunsten der Franzosen reduzierten.

Die erste militärische Besetzung der Stadt erfolgte mit der legendären „Schlacht um Berlin“, mit der die Rote Armee unter Beteiligung polnischer Einheiten, in der Zeit vom 16. April bis zum 2. Mai 1945 die Reichshauptstadt einnahm. Alleine diese Kämpfe forderten mehr als 170.000 Tote, darunter zehntausend Zivilisten.

Zwar war zu diesem Zeitpunkt schon die Sektorenzuweisung durch die Alliierten geregelt, allerdings gab es keinerlei Vereinbarungen zur Besetzung der Stadt. Letztlich führte aber das sowjetische Vorgehen zur vollständigen militärischen Niederlage des Deutschen Reiches, was auch durch die Selbstmorde von Adolf Hitler, Josef Goebbels und anderer Verantwortlichen untermauert wurde.

Mit der Unterschrift von Generaloberst Alfred Jodl erklärte das Deutsche Reich eine Woche später die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht. Letztlich war der Zweite Weltkrieg formal am 8. Mai 1945 beendet. Das Reich verlor somit seine Souveränität und wurde in die vereinbarten Besatzungszonen und Berlin in die entsprechenden Sektoren aufgeteilt.

Am 5. Juni erklärten die Alliierten offiziell die Übernahme der Regierungsgewalt über Deutschland. Historisch nicht unerheblich war auch der Umstand, dass der ehemalige preußische Staat, der 1933 in einer letzten Phase mit der Auflösung des Landtags widerrechtlich durch das Nazi-System nahezu ausgelöscht wurde, durch die neuen Zonen zusätzlich zerrissen war. Zwei Jahre später, im Februar 1947, wurde Preußen schließlich durch ein Kontrollratsgesetz auch staatsrechtlich endgültig aufgelöst.

Zeitzeuge Bill Sheckleston: "Die Bilder der zerstörten Stadt werde ich nie wieder vergessen"

Übernahme von Smuts Barracks

Mit Kriegsende nahmen auch Churchills Vorhaben hinsichtlich des Umgangs mit eigenen Ressourcen unter Einbindung der Deutschen ihren Lauf. Ein wesentlicher Schritt - auch für die spätere German Security Unit. Doch zunächst galt es in Zone und Sektor für Stabilität, Verwaltung und Ordnung zu sorgen. Allerdings wurde das besiegte Berlin, welches inmitten der sowjetischen Zone lag, noch zwei Monate durch die Sowjets alleine verwaltet.
Die Verbände der West-Alliierten trafen erst in der Zeit vom 1. bis 4. Juli 1945 in der Stadt ein und übernahmen von den Sowjets ihre Sektoren und die bis dahin durch die Rote Armee besetzten militärischen Liegenschaften.

Zu diesen Objekten gehörte auch die vormalige Trainkaserne, die ab 1883 in Spandau entstand und ab 1935 unter dem Namen Behrend-Kaserne durch die Wehrmacht genutzt wurde. Mit der Übernahme durch die Briten im Juli 1945, erhielt die Liegenschaft ihren letzten militärischen Namen. In Smuts Barracks wurden zunächst vornehmlich Pioniereinheiten der Royal Engineers stationiert, die wesentlich am Wiederaufbau des zerstörten Berlins beteiligt waren. Ab 1950 sollte der Komplex schließlich als Standortkaserne der späteren German Security Unit in die Geschichte eingehen.

Zeitzeuge William Sheckleston gehörte zu jenen britischen Soldaten einer Pioniereinheit, die Smuts Baracks von den Sowjets übernahmen. Er erinnerte sich im Sommer 2017 an die damalige Situation: „Die Übernahme war unspektakulärer als man sich das heute vorstellt, denn bislang waren die Russen und wir ja Verbündete. Trotzdem herrschte immer etwas Argwohn, und als wir erstmals in die Kaserne kamen, trauten wir unseren Augen nicht. Alles war verdreckt, Inventar entfernt und die Liegenschaft in einem schlechten Zustand. Uns war klar: So haben die Deutschen es nicht hinterlassen. Eine formale Übergabe gab es durch die Sowjets auch nicht. Aber wir waren damals alle so jung, wir haben das mit einer Leichtigkeit gesehen. Und trotzdem: Die Bilder der zerstörten Stadt werde ich nie wieder vergessen. Sie haben mich immer begleitet“. Der spätere Vizekonsul, der Ende 2018 verstarb, baute mit seiner Einheit unzählige zerstörte Straßen, Brücken, Spielplätze und Nutzanlagen wieder auf.

So langsam nahmen im Juli 1945 alle vier Hauptalliierten ihre zugewiesenen Sektoren mit den entsprechenden Liegenschaften ein. Die Sowjetunion verwaltete nunmehr die später als Bezirke definierten Stadtgebiete Pankow, Weißensee, Prenzlauer Berg, Mitte, Friedrichshain, Lichtenberg, Köpenick und Treptow. Die Truppenteile der Vereinigten Staaten übernahmen Neukölln, Kreuzberg, Tempelhof, Schöneberg, Steglitz und Zehlendorf. Zum Britischen Sektor zählten Charlottenburg, Spandau, Tiergarten und Wilmersdorf. Die Franzosen, die ja ursprünglich in Berlin nicht als Besatzungsmacht vorgesehen waren, kamen im Juli 1945 zunächst nur mit einem Vorauskommando in die Stadt. Sie übernahmen die von den Briten und Amerikanern abgetretenen Bereiche Wedding und Reinickendorf.

Unser Zeitzeuge William Sheckleston OBE (1925-2018) kam im Juli 1945 als Soldat der Royal Engineers mit den ersten britischen Truppenteilen nach Berlin und war am Aufbau des zerstörten Westteils beteiligt. Zunächst wieder nach Großbritannien versetzt, kehrte er 1950 als ziviler Mitarbeiter der Militärregierung zurück und heiratete eine Berlinerin. Er war Gründungsmitglied der Royal British Legion Berlin Branch und setzte sich für die Völkerverständigung zwischen Briten und Deutschen ein, wofür er später durch Königin Elisabeth II zum Offizier des Ordens "Member of the British Empire" ernannt wurde. Er wirkte in Berlin insbesondere als britischer Vizekonsul sowie als Vizepräsident der Royal British Legion. 


Weitere Informationen zu William Sheckleston und das Zeitzeugen-Gespräch von 2017 finden Sie hier.

Deutschlands höchste Instanz: Der Alliierte Kontrollrat in Berlin

Militärpolitische Realität

In dem am Boden liegenden Deutschen Reich überließen die einziehenden Besatzer natürlich nichts dem Zufall, sondern stellten mit klaren Führungsstrukturen fest, wer das Sagen hatte. Auch die Vorstellung, die Alliierten seien 1945 als Freunde nach Deutschland gekommen, ist ein großer Irrtum.

Im wechselseitigen Verständnis, war der Weg von Feind zu Freund, von Besatzungs- zu Schutzmacht, ein heikler.
Auf Grundlage des Londoner Abkommens über Kontrolleinrichtungen in Deutschland von November 1944 und die Berliner Viermächteerklärung von Juni 1945, trat während der Potsdamer Konferenz am 30. Juli 1945 erstmals der Alliierte Kontrollrat zusammen, welcher die oberste Regierungsgewalt über, bzw. für Deutschland ausübte. Zudem oblag ihm die wichtige Aufgabe, Grundsätze zur wirtschaftlichen Entmilitarisierung Deutschlands auszuarbeiten. Seinen Sitz bezog er in Berlin. Er erließ Gesetze und andere Direktiven, die für alle Besatzungszonen galten, wobei deren Ausführung im Ermessen des jeweiligen Militärgouverneurs lag, der für den Bereich seiner Zone selbst entscheiden konnte.

Bei den ersten Militärgouverneuren, die den Alliierten Kontrollrat bildeten, handelte es sich um die einstigen Oberbefehlshaber der Hauptsiegermächte: Lucius D. Clay (USA), Brian H. Robertson (Großbritannien), Wassili Sokolowski (UdSSR) und Louis Koeltz (Frankreich). Ihnen unterstellt waren die jeweiligen Verwaltungsstellen der Alliierten, so auch die Control Commission for Germany/British Element, die ihren Sitz ebenfalls in Berlin hatte. Nachdem der sowjetische Vertreter wegen des beginnenden Kalten Krieges im März 1948 den Alliierten Kontrollrat verlassen hatte, stellte dieser schließlich seine Arbeit ein. Dessen Aufgaben gingen an die durch die West-Alliierten gebildete Alliierte Hohe Kommission (auch Hohe Alliierte Kommission genannt) über. Das Gremium trat aber tatsächlich noch ein einziges Mal 1990 als Kontrollrat mit sowjetischer Beteiligung zusammen, um die Verantwortlichkeit wegen der Wiedervereinigung Deutschlands auszusetzen, bis sie schließlich durch die Ratifizierung des Zwei-Plus-Vier-Vertrages endgültig erlosch.

Dem Kontrollrat, bzw. der Hohen Kommission, unterstand allerdings noch eine weitere Behörde, die ebenfalls eine entscheidende Rolle für die spätere German Security Unit spielte: Die Alliierte Kommandantur in Berlin, die am 11. Juli 1945 unter der ursprünglichen Bezeichnung Interalliierte Militärkommandantur, erstmals in den Räumen der sowjetischen Zentralkommandantur zusammentrat.

Am 25. Juli 1945 bezog sie den im amerikanischen Sektor gelegenen ehemaligen Hauptsitz des Verbandes der öffentlichen Feuerversicherungsanstalten in der Kaiserwerther Straße in Berlin-Dahlem. Ähnlich wie der Kontrollrat für Deutschland, so „regierte“ die Alliierte Kommandantur das mit einem Sonderstatus belegte Berlin durch Anordnungen und Direktiven, welche an den Magistrat und an den Oberbürgermeister gerichtet wurden. Sie nahm unmittelbar nach dem Eintreffen der West-Alliierten in Berlin, zum 5. Juli 1945 als Gremium ihre Arbeit formal auf – auch wenn Frankreich und die Sowjetunion bereits vorab Stadtkommandanten in ihren Sektoren eingesetzt hatten. Das erste vollständige Gremium setzte sich aus den Generalmajoren Floyd Parks (USA), Alexander Kotikow (UdSSR) und Lewis Lyne (Großbritannien) sowie dem französischen Brigadegeneral Charles Lancon zusammen.

Die Kommandantur, die sich aus den Kommandanten der Sektoren, meistens schlicht als Stadtkommandanten bezeichnet, bildete, musste ihre Entscheidungen einstimmig treffen, was aber wegen ständiger Vetos der Sowjetunion nur sehr selten gelang. Selbst die Amtsübernahme des gewählten Berliner Oberbürgermeisters Ernst Reuter wurde zunächst durch die Stimme der UdSSR verhindert, woraufhin dessen Stellvertreterin Louise Schroeder die Amtsgeschäfte kurzzeitig übernehmen musste. Als Vermittlungsstelle nahm deshalb der Koordinierungsausschuss des Kontrollrats eine besondere Rolle ein. Diese Situation galt aber als unbefriedigend, denn letztlich stellte die Alliierte Kommandantur die höchste militärische, aber auch zivile Instanz Berlins dar. Kein Gesetz konnte ohne Zustimmung der Stadtkommandanten passieren.

In den meisten Fällen jedoch, ergingen lediglich Beschlüsse der drei westlichen Generäle, die sich somit auch nur auf deren Sektoren auswirkten. Eine Zusammenarbeit mit dem sowjetischen Vertreter erfolgte fast nur noch über die eigens eingerichteten Militärverbindungsmissionen. Zudem wurde bereits durch das Londoner Abkommen über Kontrolleinrichtungen festgeschrieben, dass auch die anderen 16 Siegermächte Missionen einrichten konnten, um Belange für Deutschland im Ganzen einbringen zu können. Diese Missionen waren allerdings formal beim Alliierten Kontrollrat angesiedelt. 15 Nationen, darunter auch Australien, Dänemark, Südafrika und die Tschechoslowakei, machten von dieser Regelung Gebrauch.

Aufgrund der ständigen Einsprüche des sowjetischen Stadtkommandanten, waren Konflikte in der Kommandantur vorprogrammiert. Schließlich zogen die Sowjets am 16. Juni 1948 ihren damaligen Vertreter, Alexander Kotikow, aus dem Gremium ab. Seither hielten die drei West-Alliierten, die am 21. Dezember den Fortbestand der Kommandantur beschlossen, zwar stets einen Stuhl für ihren sowjetischen Kollegen frei, dennoch kehrte kein Vertreter Moskaus jemals in die Runde zurück. Die verbliebenen Drei fällten ihre Beschlüsse nunmehr alleine, was allerdings somit auch nur Auswirkungen auf deren Sektoren hatte.

Große Siegesparade in Berlin: Stadtkommandant Lyne (salutierend) am 21. Juli 1945

Erster Stadtkommandant übernimmt seinen Sektor

Dem ersten britischen Kommandanten, Generalmajor Lewis Lyne, eilte ein großer Ruf voraus.

Der 45jährige entstammte einer typischen Soldatenfamilie und blickte als hoher Militär des Kriegsministeriums bereits auf eine sehr erfolgreiche Karriere zurück.

Als Kommandeur der 7. Panzerdivision führte er seine Einheiten durch die berühmte „Siegfried“-Linie bis nach Hamburg.
Am 5. Juli trat er schließlich als erster Offizier das Amt des Kommandanten des Britischen Sektors in Berlin an und hatte die Ehre, die große Siegesparade der Alliierten, die am 21. Juli stattfand, persönlich anzuführen (siehe Foto). Sein Domizil bezog er in einer Liegenschaft auf dem Gelände des bisherigen Reichssportfeldes, während die Streitkräfte selbst, ein als Lancaster-House bezeichnetes Verwaltungsgebäude am Fehrbelliner Platz als neues Hauptquartier einnahmen. Ein Gebäude, das in den 1950er Jahren wieder als Rathaus Wilmersdorf genutzt wurde.

Lyne war aber auch jener britische Kommandant, der die kürzeste Amtszeit innehatte. Zum 1. September wechselte er bereits zurück an das Kriegsministerium und wurde in Berlin durch den 53jährigen Zwei-Sterne-General Eric Nares abgelöst. Er war es auch, der 1946 als erster britischer Kommandant die renovierte Villa Lemm im Spandauer Ortsteil Gatow als Residenz bezog.

Das Anwesen entstand nach Plänen des bekannten Architekten Max Werner in den Jahren 1907/1908, der die Villa für seinen Freund Otto Lemm (1867-1920) erbaute, einen Berliner Schuhcreme-Fabrikanten und Namensgeber der Villa.

Bis zum Abzug des letzten britischen Stadtkommandanten im Jahr 1990, diente die vornehme Villa als Residenz des obersten Soldaten im Britischen Sektor. Schließlich weist sie bis heute einen engen Bezug zur Geschichte der German Security Unit auf, deren Guards in den 1970er Jahren den Schutz der Liegenschaft übernahmen.

Nares und seine unmittelbaren Nachfolger hatten nur kurze Amtszeiten in der geteilten Stadt. Otway Herbert übernahm schon im August 1947 und führte den Sektor bis Januar 1949 in der Nachfolge des schwer erkrankten und im Juni mit nur 54 Jahren verstorbenen Nares, ehe Geoffrey Kemp Bourne übernahm, der schließlich den Britischen Sektor in das neue Jahrzehnt führte und bei dem es sich um jenen Stadtkommandanten handelte, unter dem die spätere German Security Unit aufgestellt wurde.

Labour Service: Die Geschichte der GSU nimmt ihren Lauf

Bildung des Labour Service

Zunächst aber nochmals zurück zum Juli 1945, denn hier setzen wesentliche Parameter ein, die für die spätere German Security Unit entscheidend waren.

Churchills Vorhaben, geeignete und freiwillige ehemalige Wehrmachtsangehörige und auch Arbeitsuchende in den Wiederaufbau sowie die Organisationsstruktur der Briten mit einzubeziehen, ließ der Premierminister noch im selben Monat umsetzen.
In der britischen Zone wurden unverzüglich Arbeitskompanien gebildet, die noch heute unter der englischen Bezeichnung „Labour Service“ allgemein bekannt sind – obwohl sie diesen Namen überhaupt nicht lange führten. Übrigens: Die gleichnamigen Einheiten im US-Bereich sind für „Kenner“ durch die amerikanische Schreibweise „Labor Service“ schnell erkennbar gewesen.

Aufgrund des bestehenden Alliiertenrechts, war es den Besatzungsmächten jederzeit möglich, Deutsche zwangsweise zu rekrutieren. Doch die Briten machten lediglich einige Monate hiervon Gebrauch, als sie erste Arbeitskompanien in ihrer Zone aufbauten – vornehmlich mit Kriegsgefangenen.

Vordergründig ging es den Briten aber nicht um die Aufrechterhaltung von Disziplin und Ordnung, sondern vielmehr um die Wiederherstellung der Sicherung des öffentlichen Lebens und einer intakten Infrastruktur, weshalb sie zwingend auf den Einsatz von Gefangenen angewiesen waren, um ihre Kompanien überhaupt personell organisieren zu können. Hierbei wollte man vor allem auf die militärisch geschulten und als diszipliniert bekannten Deutschen zurückgreifen.

Die Arbeitskompanien wurden schließlich am 1. Oktober 1945 offiziell mit einer festen Organisationsstruktur als Labour Service in den Dienst gestellt. Schon etwas spektakulär war der Umstand, dass der Labour Service formal durch den Wehrmachtstab Nord in Hamburg geführt wurde, was darauf zurückzuführen war, dass die Wehrmacht zu diesem Zeitpunkt noch immer bestand. Um sowjetischen Protesten vorzubeugen, erfolgte am 21. November die Umbenennung der Dienststelle in „Deutsches Hauptquartier Nord“. Das Amt wies übrigens Anfang 1946 noch mehr als 140.000 Angehörige, vornehmlich Kriegsgefangene, auf, welche in ganz unterschiedlichen Bereichen zum Einsatz kamen. So wurden sie in klassischen Handwerksberufen, aber auch als Fahrer oder Sicherungskräfte eingesetzt.

Neben den Labour-Service-Einheiten bildeten die Briten noch weitere Formationen, die heute noch bekannt sind: Unmittelbar nach Kriegsende wurde unter Verantwortung des noch bestehenden Oberkommandos der Marine, der Deutsche Minenräumdienst (DMRD) aufgestellt, der unter Kontrolle der Alliierten, zur Räumung der Minen im deutschen Küstengewässer eingesetzt wurde. Der mit sechs Divisionen aufgestellte Verband wies eine Gesamtstärke von 27.000 Mann auf und wurde bereits Ende 1947 wegen sowjetischer Vorbehalte wieder aufgelöst und in andere Bereiche der Briten, der Amerikaner und des damaligen Seegrenzschutzes überführt.

In der Mixed Service Organisation (MSO) wiederum, formierte der Brite vornehmlich Flüchtlinge und Vertriebene aus Osteuropa, deren Heimatländer durch die Sowjets besetzt waren. Unter ihnen befanden sich auch ehemalige KZ-Häftlinge, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, die letztlich nicht mehr nach Hause zurückkehren konnten. Grundsätzlich füllten die MSO-Angehörigen ähnliche Beschäftigungsfelder wie die des Labour Service aus.

Auch aus politischen Gründen wurden sämtliche Verbände, inzwischen auch als Alliierte Dienstgruppen bezeichnet (seit den 1970er Jahren: Deutsche Dienstorganisationen), erheblich reduziert und neu strukturiert. Am Tag der offiziellen Auflösung der Wehrmacht, am 20. August 1946, sollten diese nämlich eine geringere Gesamtstärke als die bisherigen deutschen Verbände aufweisen. Ein durchweg politisches Spiel, das schließlich zur Demobilisierung der Luftwaffen- und Heeresdienstgruppen zum 1. August 1947 führte.

Berliner Luftbrücke: Die GCLO und ihre große Feuertaufe

Aufstellung der German Civil Labour Organisation

Am selben Tag wurde aus den bisherigen Labour-Service-Einheiten die German Civil Labour Organisation (GCLO) in der britischen Besatzungszone gebildet, die noch bis zu 60.000-Mann-stark war.

Neu war nicht nur der Name und deren Struktur, sondern vor allem der politische Charakter der Truppe. Denn mit der Überführung in die GCLO erhielten deren Angehörige den neuen Status „Surrendered Enemy Personel“, was so viel bedeutete wie „entwaffnete, feindliche Streitkräfte“.

Darunter fielen insbesondere jene Menschen, die erst nach dem 8. Mai 1945, also nach der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches, in Gefangenschaft gerieten. Somit fanden die Genfer Konventionen über die Behandlung von Kriegsgefangenen keine Anwendung, da es sich formal nicht um Kriegsgefangene handelte.
Der eigentliche Hintergrund lag darin, dass die USA bereits 1943 Bedenken geäußert hatten, wonach sie nach einem Sieg über Deutschland, die Gefangenen nicht hätten ernähren und medizinisch versorgen können, wozu sie aber nach den Konventionen verpflichtet waren – allerdings nur bei offiziellen Kriegsgefangenen. Eine ähnliche Regelung gab es während des Zweiten Weltkriegs auch auf deutscher Seite. Damals wurden inhaftierte Italiener als „Militärinternierte“ eingestuft und galten ebenfalls nicht als Kriegsgefangene.

Mit der Aufstellung der GCLO-Einheiten erhielten die vormaligen Kriegsgefangenen im August 1947 die Möglichkeit, freiwillig in die neue Organisation einzutreten oder in ein Kriegsgefangenenlager überstellt zu werden. Die Verbände waren meistens als Transport- oder Instandsetzungseinheiten beim britischen Heer oder der Royal Air Force angesiedelt. Die Stärke der einzelnen Formationen lag durchschnittlich bei 220 bis 475 Beschäftigten.

Auch wenn die GCLO offiziell eine zivile Organisation war, so wurden die meisten ihrer Angehörigen uniformiert und in eine militärischen Grundsätzen entsprechende Struktur eingegliedert. Mit Beginn der Freiwilligkeit von Eintritt und Kündigung, setzte zudem eine zunehmende Fluktuation ein. Letztlich wurde der Nachwuchs auch über zivile Arbeitsämter eingestellt. Der „zivile Charakter“ der uniformierten und zum Teil auch bewaffneten Einheitsangehörigen, wird in den nächsten Jahrzehnten noch zu großen Diskussionen führen und hier auch thematisiert.

Ein für die Briten wesentlicher Vorteil der GCLO war, dass deren erste Formationen durch feste Anbindung an Einheiten des regulären Militärs auch mobil einsetzbar waren – so auch in Berlin. Und tatsächlich hatte die GCLO ihre „große Feuertaufe“ ausgerechnet bei einem Einsatz zu bestehen, der im Zusammenhang mit der ehemaligen Reichshauptstadt stand: Die Große Luftbrücke, die ab dem 24. Juni 1948 anlief, nachdem die Sowjets zum zweiten Mal nach April 1948, die Land- und Wasserversorgungswege der drei West-Alliierten abriegelten. Hintergrund der als „Berlin-Blockade“ berühmt gewordenen Aktion, war eine umfassende Währungsreform in den westlichen Zonen und Sektoren.

Der damalige Chef der britischen Luftwaffe in Berlin, Reginald Waite, hatte aber bereits nach der ersten Luftbrücke, Pläne ausgearbeitet, um die Versorgung von Militär und Zivilbevölkerung über die alliierten Luftkorridore zu gewährleisten. Bei der zunächst vom amerikanischen General Lucius D. Clay geführten Alliiertenaktion, die offiziell erst am 30. September 1949 beendet wurde, sind mehr als 277.000 Flüge abgeleistet worden, davon 87.606 durch britische Verbände.

In Berlin wurden die in den West-Sektoren vorhandenen Flugplätze Tempelhof (genutzt durch die USA) und Gatow (Großbritannien) angeflogen, die allerdings zunächst nur als unbefestigte Graspisten existierten und erst im Rahmen der Luftbrücke mit winterfesten Pisten ausgestattet wurden, die den vielen Start- und Landeaktionen auch standhalten konnten.

Im französischen Sektor war die Situation noch schwieriger, da dort kein Flughafen existierte. Bis heute beispielhaft bleibt es daher, dass in einer Rekordzeit von nur 90 Tagen, auf einem Truppenübungsplatz im Ortsteil Tegel, Gebäude und Einrichtungen entstanden – inclusive einer 2400 Meter langen Start- und Landebahn, bei der es sich damals um die längste Europas handelte. Die Geburtsstunde des heutigen Flughafens Tegel.

Für die notwendigen Arbeiten setzten die Alliierten rund um die Uhr Soldaten und schweres Gerät, aber auch unzählige deutsche Arbeiter, darunter auch viele Frauen ein. Allein in Tegel entstand der neue Flughafen durch den Einsatz von 19.000 Menschen.

Die Briten leisteten insbesondere einen großen Anteil an der Luftbrücke, weil sie über ihren Korridor nicht nur wichtige Lebensmittel, sondern die elementarste Ware nach Berlin brachten: Kohle. Deren Hauptumschlagplatz waren die in der britischen Zone Westdeutschlands gelegenen Flugplätze von Faßberg, Wünstorf, Lübeck, Celle und Schleswig-Land, die zum Teil noch während der laufenden Operation aufwendig ausgebaut und an Bahnanlagen angeschlossen wurden. Ebenfalls waren es die Briten , die als einzige Besatzungsmacht Flugboote einsetzte, die von Hamburg-Finkenwerder nach Berlin flogen und dort auf der Havel und auf dem Großen Wannsee landeten. Insgesamt waren gerade die Start- und Landemanöver der Briten ein sehr gefährliches Unterfangen, da die genutzten Flughäfen unzureichend ausgebaut waren.

Die Royal Air Force geriet logistisch schnell an die Grenze des Möglichen, weshalb sie quasi ein Sammelsurium von Flugzeugtypen einsetzen musste. So fanden nicht nur ehemalige Weltkriegsbomber, sondern auch deren Zivilversionen und zusätzlich eigens gecharterte zivile Maschinen Verwendung. Eine besondere Herausforderung war der Transport von Salz, das – in Massen befördert – die Substanz der Maschinen anzugreifen drohte. Auch hierfür hatte Air Commodore Rex Waite eine Lösung parat: Salz wurde daher mit Flugbooten des Typs „Sunderland“ nach Berlin verbracht, da diese für Landungen zu Wasser konzipiert und somit korrosionsbeständig waren. Dieser Job wurde in der Winterzeit mittels Halifax-Bomber übernommen.

Die Royal Air Force bot übrigens während ihrer Flüge zwischen Gatow und Lübeck und Wünstorf auch einen Mitnahmetransport für Zivilisten an. Während der Dauer der Luftbrücke transportierte sie etwa 68.000 Personen, die für den Flug nur die Höhe der Gebühr einer Bahnkarte zu entrichten hatten. Kinder wurden kostenlos mitgenommen.

Kurioses vernahm man aus dem Bereich des Luftwaffenstützpunktes Celle: Dort blühte nämlich durch die vielen Flüge die Prostitution auf. Dieser Umstand nahm derart zu, dass offizielle Stellen der britischen und amerikanischen Militärbehörden vor Geschlechtskrankheiten warnten. So wurden Plakate geklebt und Broschüren gegen „venereal diseases“ verteilt. Deren Abkürzung „VD“ führte bei den Soldaten sehr schnell zur spaßigen Deutung für „Veronica, Danke schön“, womit sich der Name Veronica schnell zu einem Spitznamen für Prostituierte entwickelte.

Zur traurigen Wahrheit gehört aber auch, dass es im Zusammenhang mit der Berliner Luftbrücke auch zu tragischen Unfällen kam. Nicht nur in der Luft, sondern auch auf dem Boden, wurden Vorfälle verzeichnet. Auf britischer Seite wurde bisher bekannt, dass 39 Personen, andere Quellen belegen 40, bei Unfällen tödlich verletzt worden sind.

Zum Teil ereigneten sie sich bei den unter Zeitdruck und unter schlechten Wetterbedingungen durchgeführten Be- und Entladungsvorgängen, aber auch bei Start- und Landungen. Unter den Toten waren auch 13 Zivilsten zu beklagen, sieben davon starben als Passagiere. Bei den weiteren sechs Verstorben handelte es sich um Zivilbeschäftigte der German Civil Labour Organisation, unter anderem um den Deutschen Theodor Supermatt, der am 15. Januar 1949 bei einem Bodenunfall in Schleswig-Holstein als letzter „Zivilist“ starb. Insgesamt verloren während der Luftbrücke mehr als 100 Menschen ihr Leben, der größte Teil war auf britischer Seite zu verzeichnen.

Aus Feind wird Freund: Der rasche Wandel zur Schutzmacht

Der Start in den Neubeginn

Das Scheitern ihrer Blockade und die nicht verhinderte Währungsreform war für die Sowjets ein herber Schlag. Zudem gab es einen erneuten „Dolchstoß“: Vollkommen unbeeindruckt, unterstützen die West-Alliierten in ihren Zonen bei der Gründung eines demokratischen Staates. Ausgerechnet unter der Präsidentschaft des von den Briten abgesetzten Kölner Oberbürgermeisters Adenauer, verabschiedete der Parlamentarische Rat am 23. Mai 1949 das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Er ebnete somit den Weg zu freien Wahlen im August.
Schließlich wurde Konrad Adenauer am 15. September 1949 zum ersten Bundeskanzler der neuen Bundesrepublik Deutschland gewählt.

Doch gerade mit Berlin hatte Adenauer Probleme, was ihn in seiner Beliebtheitsskala in der geteilten Stadt massiv nach unten rutschen ließ. Noch vor der ersten Bundestagswahl intervenierte der CDU-Politiker beim französischen Ministerpräsidenten Georges Bidault, er solle sich dafür einsetzen, dass der Westteil Berlins nicht als Land in die Bundesrepublik eingegliedert wird. Er befürchtete eine Stärkung der Sozialdemokratisierung des neuen Landes. Schließlich verabschiedete der Parlamentarische Rat das Grundgesetz mit einer Berlin-Klausel, die den dort gewählten Bundestagsabgeordneten nur ein eingeschränktes Stimmrecht einräumte.

Trotz allem: Mitten in die Berlin-Blockade, die durch die West-Alliierten in einer beachtlichen Aktion umgangen wurde, fielen eine Währungsreform in den Westzonen und -sektoren, die Gründung der Bundesrepublik Deutschland mit demokratischen Wahlen und einer stabilen Regierung und die Anbindung West-Berlins als Teil des neuen, freien Landes. Eine herbe Niederlage für die Sowjets, die im Oktober 1949 die Bildung der Deutschen Demokratischen Republik in ihrer Zone als Antwort lieferten. Ein unter sowjetischem Modell geprägtes System mit dem Ostsektor Berlins als Hauptstadt belegt – wenn auch dies einen klaren Verstoß des Besatzungsrechts darstellte.

Somit zeigte bereits das erste, für die spätere German Security Unit relevante Jahrzehnt, die 1940er Jahre, deutlich, welch großen Anteil die Briten daran haben, dass Deutschland nicht nur schnell in eine geordnete Bahn gelenkt wurde, sondern wie weitsichtig doch Churchills Ansinnen waren, ehemalige Feinde rasch in ein neues, demokratisches System zu integrieren.

Menschen wie der britische Premierminister, aber auch Frederick Morgan und die von ihm umgesetzte Operation Eclipse, der legendäre Rex Waite und die Verdienste der Royal Air Force am Gelingen der Berliner Luftbrücke sowie die Leistungen der Royal Engineers beim Wiederaufbau Berlins – es sind alles kleine Heldengeschichten, die durch die Bildung des einstigen Labour Service zusätzlich untermauert wurden.

Churchills Hoffnung in den Feind - sie hatte sich bewährt und so sollte das neue Jahrzehnt, die 1950er Jahre, für die German Security Unit das erste entscheidende sein. Eingebettet in die Britischen Streitkräfte, als Teil der West-Alliierten. Jene West-Alliierten, die von den Berlinern wegen der Luftbrücke mit einem neuen Termini belegt wurden: Schutzmächte.

Es war der Beginn einer neuen Zeit. Der Zeit des Aufbruchs…


HIER geht es demnächst weiter mit den 1950er Jahren!
Share by: