Remembrance Day

Thema: Remembrance Day

Poppy: Kleine Blume, großes Symbol
Zeichen für Solidarität und Respekt: Ein Poppy

Remembrance Day
Poppy Appeals
Die Kraft der Mohnblume

In einer Regelmäßigkeit, kündigt sich der November  zumeist mit schlechtem Wetter an. Zur selben Zeit rücken weltweit auch jene Tage in greifbare Nähe, an denen Verstorbenen gedacht wird – bei uns der Volkstrauertag und der Totensonntag und in den Commonwealth-Staaten der Remembrance Day.

Es ist auch die Zeit einer künstlichen roten Mohnblume, die aus Anlass des Remembrance Day, an Mänteln, Jacken oder Hüten getragen wird.

Was hat es mit dem Remembrance Day und dem Remembrance Sunday, aber vor allem mit dieser Blume eigentlich auf sich? Eine Plastikblume, die wie kaum ein anderes Symbol, für Solidarität und Respekt steht.
Der Ursprung führt in die schlimmste Phase des Ersten Weltkriegs und ist zugleich auf die poetischen Künste von Lieutenant Colonel John McCrae (1872-1918), einem kanadischen Dichter, Arzt und Sanitätsoffizier zurückzuführen, der 1915 das Gedicht In Flanders Fields verfasste, um den Tod eines gefallenen Kameraden und engen Freundes zu verarbeiten, der während der Flandernschlacht bei Ypern sein Leben ließ.
Lieutenant Colonel John McCrae
„Auf Flanderns Feldern blüht der Mohn / Zwischen den Kreuzen, Reih’ um Reih’ /

Die unseren Platz markieren; und am Himmel / Fliegen die Lerchen noch immer tapfer singend /

Unten zwischen den Kanonen kaum gehört.
Wir sind die Toten. Vor wen’gen Tagen noch /

Lebten wir, fühlten den Morgen nahen / Und sahen den leuchtenden Sonnenuntergang /

Liebten und wurden geliebt, und nun liegen wir / Auf Flanderns Feldern.
Nehmt auf uns’ren Streit mit dem Feind /

Von versagenden Händen werfen wir Euch zu / Die Fackel, die Eure sei, sie hoch zu halten /

Brecht Ihr den Bund mit uns, die wir sterben / So werden wir nicht schlafen, obgleich Mohn wächst / Auf Flanderns Feldern.“

(John McCrae, 1915)
McCrae assoziierte die rote Blumenfarbe mit dem Blutvergießen des Krieges, und so bizarr es heute auch klingt, waren es doch tatsächlich ausgerechnet die Mohnsamen, die aufgrund der ständigen Bombardierungen, im aufgewühlten Boden der großen Felder am besten keimten. Sein Gedicht wird aber auch im Zusammenhang mit der narkotisierenden Wirkung des Schlafmohns interpretiert, welches als starkes Schmerzmittel bei verwundeten Soldaten eingesetzt wurde.

Bereits 1917 wurde aus vornehmlich linken politischen Lagern der feste Glaube in die Bevölkerung gestreut, der Krieg sei für Deutschland nicht mehr zu gewinnen – und tatsächlich war dann Anfang 1918 auch der Obersten Heeresleitung (OHL) bewusst, dass eine Niederlage ihrer Verbände nicht mehr abzuwenden sei. Dennoch ließen Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff, die beiden führenden Repräsentanten der OHL, die Kämpfe weiterführen, bis letztlich auch sie die drohende Niederlage anerkannten.

Letztlich trat die gesamte Führung der Obersten Heeresleitung zurück, welche unter Prinz Max von Baden neu aufgestellt wurde. Dieser entsandte schließlich den später ermordeten Staatssekretär Matthias Erzberger am 11. November 1918 in die Nähe des nordfranzösischen Compiègne, wo er in einem Waldstück in einem Eisenbahnwaggon mit dem französischen Marschall Ferdinand Foch, den Waffenstillstand und somit das Ende des Ersten Weltkriegs zwischen Deutschland und den Westmächten, darunter auch Großbritannien, besiegelte. Das Abkommen trat formal am 11. November 1918 um 11:00 Uhr in Kraft.
Australiens Botschafterin Lynette Wood (Mitte) 2018 in Berlin beim Remembrance Sunday

Remembrance Day und Poppies

Großbritannien erlitt während des Ersten Weltkriegs große Verluste, und bis heute gibt es kaum Familien, die keinen Angehörigen während der brutalen Schlachten verloren haben.

Während im heutigen Deutschland am 11. November die „fünfte Jahreszeit“ beginnt, geraten die schrecklichen Geschehnisse des Ersten Weltkriegs immer mehr in den Hintergrund – und auch der stille Zeuge aus jenem Waldstück bei Compiègne, ein Eisenbahnwaggon, in dem am 11. November 1918 Geschichte geschrieben wurde, ist der aktuellen Generation kaum noch ein Begriff.
1920 führte das damalige Empire, das heutige Commonwealth of Nations, erstmals einen offiziellen Kriegstotengedenktag als nationalen Feiertag ein, den sogenannten Remembrance Day, der somit unserem Volkstrauertag ähnelt. Dieser Tag, der auch als Poppy Day oder als Armistice Day (Waffenstillstandstag) bezeichnet wird, war ursprünglich nur für das Andenken der Opfer des Ersten Weltkriegs gedacht. Seit jenem Jahr ist dieser Tag in den Commonwealth-Staaten, aber auch in Frankreich und in Belgien, auf den 11. November festgelegt.

Inspiriert durch das Gedicht wurden ab 1920 die ersten Papiermohnblumen ausgegeben, um ehemalige Soldaten finanziell zu unterstützen. Diese Tradition hat sich bis heute gehalten. Neben den Poppies werden inzwischen auch Holzkreuze mit dem Mohnblumensymbol sowie Kränze angeboten, die im Londoner Stadtteil Richmond hergestellt werden. In der Poppy Factory sind vornehmlich Veteranen und Versehrte tätig, die jährlich etwa 36 Millionen Stück der wohl berühmtesten Kunstblume der Welt produzieren. Eigens für den schottischen Bedarf gibt es in Edinburgh ebenfalls ein Unternehmen, das Poppies herstellt.

Kaum noch bekannt ist allerdings der Umstand, dass die Mohnblume tatsächlich erstmals 1920 durch die American Legion, einer US-Veteranenorganisation, verwendet und das Symbol erst danach durch das britische Empire übernommen wurde. Das Tragen der Poppies ist heute vor allem in Großbritannien und einigen anderen Commonwealth-Staaten weit verbreitet und inzwischen zu einem festen Brauch geworden.

Mit Monatsbeginn werden jeden November durch die Royal British Legion im Rahmen ihres Poppy Appeals unzählige Mohnblumenanstecker gegen Spenden abgegeben. Die Gewinne fließen noch immer bedürftigen Veteranen zu. Das offene Tragen der Poppies ist auch in der Bevölkerung weit verbreitet und selbst die Königsfamilie steht dem nichts nach.

Die offiziellen Veranstaltungen werden traditionell am Remembrance Sunday, dem zum 11. November nächstgelegenen Sonntag, ausgerichtet. An diesem Tag legt auch Königin Elisabeth II, begleitet vom Premierminister und ranghohen Offizieren, am Kenotaph in London-Whitehall einen Mohnblumen-Kranz am Denkmal nieder, das inzwischen an alle Opfer der Kriege seit 1914 erinnert. Mit dem 11:00 Uhr-Schlag des Big Ben, legen dann auch die anwesenden Gäste ihre Gestecke ab. Am Remembrance Day selbst, hüllt sich das ganze Land um 11:00 Uhr in zwei Gedenkminuten. Zudem werden öffentliche Gebäude angestrahlt.

An den weltweit durchgeführten Gedenkveranstaltungen nehmen auch immer Kriegsveteranen teil. Seit dem Tod der Zeitzeugin Florence Green, die im Februar 2012 im Alter von 110 Jahren starb, gibt es keinen britischen Veteranen des Ersten Weltkrieges mehr. Green hatte zuvor stets an der Zeremonie in Whitehall teilgenommen.

Eine Besonderheit bildet der Umstand, dass in Gebieten außerhalb der Commonwealth-Staaten, die Ausrichtung des Remembrance Sunday durch die Botschaften des Commonwealths in einer festgelegten Reihenfolge ausgerichtet werden.

In Berlin erfolgt die zentrale Veranstaltung zum Remembrance Sunday auf dem Gelände des britischen Militärfriedhofs an der Heerstraße in Berlin-Westend. Hierbei legen Repräsentanten der Botschaften und Truppen des Commonwealths, die Bundeswehr, die Bezirksämter Charlottenburg-Wilmersdorf und Spandau, der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, die Royal British Legion und die Berlin British School als offizielle Teilnehmer Gestecke und Kränze ab.

2023 findet der Remembrance Sunday am 12. November statt, welcher dann durch die Botschaft Großbritanniens ausgerichtet wird.
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